Nach den grundlegenden Infos und dem kleinen, aber wertvollen Selbsttest letzter Woche, hier nun, wie versprochen, eine kleine Gläserkunde.
Bei mir nehmen verschiedene Arten von Biergläsern mittlerweile doch ein bisschen Raum ein.
Ich kann da auch nicht viel dafür, denn Glasforschungsbiologen haben herausgefunden: Gläser sind Rudeltiere 😉
Auch diese Woche wurden zwei neue liebevoll aufgenommen 🥰

Wenn ich jetzt wild auf allemöglichen Glasformen eingehe, bist Du am Ende vermutlich overloaded und hast immer noch nichts im Glas 😉
Ich beschränke mich auf ein paar exemplarische Erklärungen und einige Grundlegeln zur Orientierung.
Zuerst aber ein interessanter Fun-Fuct zu Gläsern mit Stiel.
Das Stielglas ist eine Erfindung des Mittelalters. Dahinter steckte kein stilvolles Anstoßen oder galantes Aussehen, sondern Hygiene. Händewaschen war nicht unbedingt jedermann´s und jederfrau´s Ding und Wasser auch nicht immer zugänglich. Das war nicht nur optisch, sondern auch geruchlich nicht so der Knaller.
Die Lösung war tatsächlich ein Glas mit Stiel - so war die Hand möglichst weit vom Getränk (und der Nase) weg.
Ein paar Glas-Erklärungen
Nachfolgend einige Beispiele. Bei vielen Glasstilen gibt es Variationen. Teils geht es mit um die Optik (Geschmäcker sind verschieden), teils auch um die Konzentration auf bestimmte sensorische Eigenschaften. Ich bleibe bei "groben" Erklärungen.
Die Allrounder: Verkostungsglas & Willibecher
Verkostungsgläser haben unten ein Stiel oder eine dickere Glaswand, damit sich Handwärme nicht aufs Bier überträgt. Dann folgt ein bauchiger Körper, damit sich die Aromen eines Bieres gut entfalten können. Dieser verjüngt sich nach oben hin wieder zur Aromenkonzentration.
Der Glasrand oben ist dünn und nach außen gebogen. So fließt das Bier möglichst ungehindert, unbeeinträchtigt und auf breiter Fläche in den Mund. Manche Craftbiergläser (z.B. für Pale Ales) sind sehr ähnlich bis identisch.
Bei Verkostungsgläsern ist problemlos eine bierstilübergreifende Nutzung möglich. In der Regel bekommt man sie im 0,2l-0,3l-Bereich, denn es geht ja um die Verkostung.
Wer eine größere "Allround-Alternative" sucht, könnte beim Willibecher landen. Der ist sensorisch nicht so fein abgestimmt wie ein Verkostungsglas. Aber auch aus ihm lassen sich verschiedene Bierstile gut genießen.
Der Frischespezialist: Das Pilsglas
Hier gibt es relative "gerade" Gläser (sog. Stange) oder die ganz leichtgewölbten "Pilstulpen" und "Pilspokale".
Vereinfacht zusammengefasst: Beide sind recht schlank und das Glas dünn. CO2-Bläschen steigen ungehindert nach oben. Die Fließgeschwindigkeit beim Trinken erhöht sich. Von Optik bis Haptik einfach frisch. Bei den Pilstulpen entfalten sich malzaromatische Noten noch etwas einfacher.
Der Bierstilklassiker: Das Weizen-/Weissbierglas
Unzählige Varianten, weitestgehend eine Gemeinsamkeit: Hoch und von unten nach oben etwas breiter werdend.. der (oben) größer werdende Durchmesser gibt den weizentypischen Fruchtaromen Entfaltungsraum. Weizenbier ist ein recht süßes Bier. Die hohe Glasform sorgt dafür, dass es nicht "übersüß" erscheint, denn: Zum Trinken muss man den Kopf/Nacken weiter nach hinten neigen. Das Bier "übergeht" die Zungenspitze und landet mittleren Bereich des Mundraums.
Ein richtig bauchiges Weizenglas habe ich auch im Schrank. Es trägt den Aufdruck "Aventinus" und ist für den gleichnamigen, sehr intensiven Weizenbock von Schneider (definitiv Probierempfehlung 😋😋😋). In diesem "Sonderglas" kann sich das Aromaspiel des Bieres besser entfalten, ohne an Spritzigkeit zu verlieren.
Die Aromensuite: Das Kelchglas und der "Cognac-Schwenker"
Hier gibt´s unterschiedliche Varianten, die aber eins gemeinsam haben: Viiiiel Raum für Aromen. Ideal für alkoholintensivere und aromabetonte Biere. Beim Kelchglas einfach breiter werdend (z.B. für Tripel). Für sich oben wieder verjüngende Gläser ("Cognac-Schwenker") eignen sich z.B. Bockbiere.
Der Kühlhalter: Der Krug
Biergarten und Oktoberfest: Solide, rustikal und vor allem: recht dickes Glas. Diese Gläser sind - vereinfacht gesagt - nicht auf sensorische Meisterleistungen aus, sondern wollen schlicht Dein Bier möglichst lange kalthalten. Ideal für z.B. Keller-, Märzen- oder Festbiere.
Der Versuch einer Zusammenfassung
Schlanke, spritzige Biere wie Pils und Weizen: Pils- oder Weizenglas, Willibecher (je nach Bierstil).
Aromenintensive Biere wie Bock, PaleAle, Stout: Verkostungsglas, Craftbeerglas, Kelchglas.
"Rustikalere" Biere wie Keller-, Märzen-, Festbiere: Seidel, Krug
Welches Glas Du nun auch immer wählen magst. Achte darauf, dass es tiptop sauber ist und spüle es am besten vor dem Einschenken mit kaltem Wasser aus.
Und dann: Probiere einfach, mache Deine eigenen Erfahrungen und finde Dein Glas zum jeweiligen Bierstil.
Postelein, ihr Lieben 🍻
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