Ein Freund und Kollege war in Namibia und brachte mir netterweise drei Biere aus der Hauptstadt Windhoek mit, gebraut "with the stringent Reinheitsgebot" (Quelle: www.nambrew.com).
Wieso am (fast) anderen Ende der Welt danach gebraut wird, warum die Worte "Südafrika" und "Namibia" in meinem Berufsalltag immer wieder fallen und natürlich wie die drei Tropfen schmecken, erfährst Du in diesem Beitrag.
Warum Deutschland in Namibia?
Kolonialismus
Ende des 19. Jahrhunderts schien das südliche Afrika für viele europäische Mächte attraktiv. Auch das deutsche Kaiserreich wollte Kolonialmacht werden. 1883 kaufte ein Bremer Geschäftsmann in Namibia Land (Die Hafenstadt "Lüderitz" wurde nach ihm benannt), 1984 rief das Kaiserreich (Otto von Bismarck) es zum "Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika" aus. Bereits 1890 wurde dieses Gebiet auf das gesamte heutige Namibia ausgeweitet.
Wie so oft, bekleckerten sich die Kolonialisten nicht mit Ruhm. Auch in Namibia ist es leider eine Geschichte von Rassismus und Enteignung. Widerstand der namibischen Bevölkerung wurde brutal niedergeschlagen, Brunnen vergiftet und Lebensmittel zerstört.
Bis 1914 (Beginn 1. Weltkrieg) siedelten mehr als 12.000 Deutsche dort an.
Mit Ende des Krieges gingen gemäß des Versailler Vertrags alle Kolonien an den Völkerbund über. So wurde Namibia in die Verwaltung an Südafrika gegeben.
Auch die Südafrikaner gingen despotisch vor, was wieder Gegenwehr regte. 1966 wurde Südafrika das Mandat entzogen, was dieses aber nicht anerkannte - erneute gewaltsame Auseinandersetzungen waren die Folge.
Erst am 21. März 1990 war es soweit: Namibia feierte seine Unabhängigkeit.
Deutsche (Kirche) im südlichen Afrika
Durch die Kolonialisierung kamen viele Deutsche nach Namibia. Sie arbeiteten und lebten dort, bekamen Kinder, Enkel, Urenkel... Heute bis in die fünfte Generation. So kam es, dass manches in Namibia "deutsch" geprägt wurde.
Es gibt schätzungsweise etwa 20.000 deutschsprachige Haushalte.
Deutsch ist eine der anerkannten und in der Schule unterrichteten Nationalsprachen.
Es gibt deutsche Radiosender, die "Allgemeine Zeitung" und Bier nach dem (deutschen) Reinheitsgebot.
Karneval und Oktoberfest dürfen nicht fehlen. Und mindestens in Swakopmund findet man im Strandcafé sogar "Schwarzwälder Kirschtorte".
Auch manche Namensgebung von Orten, Gebäuden und Straßen gehen zurück aufs Deutsche. Aktuell befindet sich Namibia aber auch in einem Prozess der Umbenennung, um die Kolonialgeschichte hinter sich zu lassen.
Nach dem zweiten Weltkrieg wanderten nochmals viele Deutsche nach Namibia aus, darunter auch Christen.
1950 bildete sich eine kleine Gruppe, die für dieses Land und die deutschen Einwanderer betete.
Neun Jahre später bildete sich im Raum Johannesburg ein erstes Gottesdienstangebot für Deutschsprachige.
Die Einheimischen merkten, dass sie Unterstützung brauchten und schrieben mehrere Theologische Ausbildungsstätten an: "Könnt ihr uns Missionare/Pastoren für den Gemeindebau unter Deutschsprachigen schicken?"
1966 sandte die Pilgermission St. Chrischona (Basel/Schweiz), heute Theologisches Seminar St. Chrischona (TSC), den ersten Missionar, weitere sollten folgen.
So startete die Arbeit "Evangelische Stadtmission im Südlichen Afrika (ESSA)" und es gibt bis heute mehrere Gemeinden in Südafrika und Namibia, darunter auch in Windhoek.
Da ich mein Studium am TSC absolvierte und bis heute in einer Gemeinde arbeite, die ihre Wurzeln dort hat, fielen und fallen Gemeindenamen und Orte aus dem Süden Afrikas immer wieder, auch wenn die ESSA mittlerweile nicht mehr an Chrischona gebunden ist.
Ich habe Kollegen und Freunde, die dort eine gewisse Zeit im Praktikum oder als Pastor zubrachten. Einer davon brachte mir die erwähnten Biere mit.
Zur Brauerei "Namibia Breweries Limited" (NBL)
1920 wurde die Brauerei von zwei Männern mit deutschen Wurzeln - Carl List und Hermann Ohlthaver - als "Südwestbrauerei" gegründet. Ende der 60er und Anfang der 70er modernisierte der deutscher Braumeister Günther Schulz einiges.
Und bereits in den 1970er Jahren konnten internationale Preise errungen werden. Später auch unter anderem der European Beer Star Award oder Auszeichnungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG).
Nach der Unabhängigkeit 1990 erhielt die Brauerei ihren heutigen Namen: Namibia Breweries Limited.
Kurz vor der Jahrtausendwende stieg "Becks" mit ein, später dann auch Heineken und Diageo. Seit 2023 hat Heineken die Mehrheitsanteile.
Die NBL ist längst eine der führenden Brauereien im südlichen Afrika und exportiert in mehrere Länder.
Im Angebot finden sich neben Bier auch Mineralwasser, Mixgetränke und Fruchtsäfte.
Ich bin froh, dass mein Freund sich nicht in der Flasche vergriffen hat 😉
Die drei "Biermitbringsel"
Alle drei stammen sie aus der NBL und sind untergärige Lagerbiere.
Durch die Bank liegt der Alkoholgehalt bei 4 %-vol., also im niedrigen Bereich.
Premium Lager
Laut NBL ihr meist exportiertes Bier. Es wird mit einem verlängerten Brauvorgang hergestellt, wodurch sich die Hopfenbittere etwas stärker und der Nachgeschmack länger ausprägen soll.
Dann wollen wir mal:
Helles goldgelb im Glas. Es bildet sich etwas Schaum, der sich dann jedoch schnell wieder auflöst.
Ein schöner, pilsartiger Hopfengeruch steigt auf, begleitet von dezent malzigen Noten. Der Antrunk ist leicht spritzig. Der Körper beginnt etwas malzig, dann entfaltet sich schnell die Hopfenbittere.
Der Nachgeschmack ist leicht getreidig, die moderate Bittere klingt mehr nach.
Differenziert man die Lagerbiere, würde es bei uns definitiv als Pils durchgehen.
Klar im Glas, klar im Geschmack, klar vollmundig.
Tafel Lager
Auch dieses Bier hat bereits mehrere Auszeichnungen erhalten.
Goldgelb im Glas mit mischporiger, dünner Schaumschicht.
Hopfenaroma steigt auf. Der Antrunk ist spritzig.
Dann entfaltet sich ein Körper, mit dem wir bei uns ein "Helles" beschreiben würden: malzig, süßlich und etwas kräuterig. Der Hopfen winkt beim Abgang etwas, bleibt aber lieber in der zweiten Reihe.
Ein Sommerdurstlöscher.
Schließlich das Premium Draught
Goldgelb im Glas, feine Schaumkrone, die Kohlensäure steigt schön empor.
Malzige Noten, aber auch etwas Frucht und Hopfenaroma steigen auf.
Der Antrunk entspricht der Optik: spritzig.
Den Körper dominieren getreidige und kräuterige Noten.
Eine durchaus vollmundige Hopfennote rundet es ab.
Der Abgang bleibt anhaltend feinwürzig.
In der Bierbeschreibung der Brauerei erscheint es als eine Art "Allrounder" in Form eines "Hellen". Die Bierothek nennt es gar das "süffigste Exemplar" der NBL.
Wenn bei uns langsam trüb-herbstliches Wetter einzieht, ist es doch schön, einen kleinen Ausflug zu machen - Bier ist ja bekanntlich Urlaub im Glas 😉
An dieser Stelle nochmals ein megafettes Dankeschön an Christian S. für die Bierreise 💪😊🫂
Auf Dich, mein Lieber 🍻
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Liebe Leute, Weihnachten steht vor der Tür.
Ich hab da ein limitiertes Angebot für euch (für Details auf Bild klicken).
Michi, das ist wieder einmal eine sehr interessante und aufschlussreiche Darstellung! Sehr schön!