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AutorenbildMichel ́s Bierreise

Körnchen, öffne Dich - warum das Schrot-Prinzip nicht nur für Brauer wichtig ist

Der Brauprozess besteht aus unterschiedlichen Schritten.

Der erste ist das Mälzen, also das Getreide keimen lassen und diesen Vorgang wieder stoppen. So werden Enzyme aktiviert, die für den Brauvorgang wichtig sind. Ab dann nennt man das Getreide Malz.

Diesen Schritt machen die Brauereien und Hobbybrauer in der Regel nicht selbst, dafür gibt es Mälzereien. Gemälztes Getreide besteht in ganzen Körnern und lässt sich - bei richtiger Lagerung - mindestens zwei Jahre und auch deutlich länger ohne Qualitätsverlust aufbewahren.


Der zweite Prozessschritt ist das Schroten des Malzes.

Warum das unabdingbar ist, welche Wirkung es hat und wo Du und ich uns vielleicht auch immer wieder "schroten" lassen sollten - darum geht es jetzt:


Warum Schroten?

Im Korn steckt eine Menge Stärke. Diese lässt sich durch Wasser lösen und in Zucker verwandeln, was beim Maischevorgang geschieht. Diesen Zucker futtert dann die Hefe (mit Stärke kann sie nichts anfangen) und wandelt ihn in Alkohol um. Wenn man nicht gerade Chemie-Nerd ist, kann man es so einfach erklären 😉. Nun schrieb ich schon: "Im Korn steckt eine Menge Stärke". Damit der Brauer (oder natürlich die Brauerin - da gibt´s gar nicht so wenige davon) an diese rankommt, muss er oder sie das Korn öffnen. Genau das geschieht beim Schroten.


Das Malz läuft durch Walzen, die es aufbrechen. Negativ ausgedrückt: Das Korn wird in kleine Teile zerstoßen.

Wichtig: Schroten, nicht schrotten 😉

Zu grob würde bedeuten: Man lässt Stärkepotenzial ungenutzt und hat eine geringere Zuckerumwandlungsausbeute. Zu fein hingegen ist auch nichts: Beschädigt man die Spelzen oder macht gar Mehl, wird später die Trennung von Malz und Flüssigkeit (die Läuterung) - schwierig bis unmöglich.


In den letzten Jahren kaufte ich mein Malz geschrotet, da ich keine Malzmühle hatte. Das war bequem, denn schroten ist Zusatzarbeit und mitunter recht "staubig". Allerdings ist geschrotetes Malz teurer (der Versandhandel muss diesen Arbeitsschritt ja übernehmen) und nur begrenzt lagerfähig. Es verdirbt zwar nicht einfach, verliert aber "Potenzial".

Im Herbst 2023 konnte ich günstig eine gebrauchte, aber kaum benutzte Malzmühle erstehen, die ich mit einem Akkuschrauber betreibe.

Nun habe ich ein kleines Malzlager eingerichtet und schrote mein Malz am Brautag oder frühestens am Abend vorher ganz frisch. Körnchen, öffne Dich 😊

Ich fasse zusammen: Im Malzkorn steckt viel Potenzial. Um an dieses ranzukommen, muss es sich aber öffnen. Und weil das Korn es nicht selbst kann, helfe ich ihm dabei. Das ist Arbeit, staubt mitunter ganz schön - aber es lohnt sich.


Ich sehe darin zwei Links für unser Leben:

1. In Dir steckt viel Potenzial

In welchen Bereichen auch immer: Das ist definitiv der Fall! Wie beim Malz gilt jedoch auch hier: Du musst Dich öffnen, damit es zum Vorschein kommt. Vielleicht könnten wir sagen: Du musst Dich der Herausforderung stellen, Neues wagen, ausprobieren, einen noch unbekannten Weg beschreiten. Gut möglich, dass der "Schrotgrad" am Anfang noch nicht perfekt ist, aber das spielt auch keine Rolle. Erfahrungen machen, lernen, Potenzial entdecken und entfalten 💪.


Vielleicht merkst Du, dass da etwas "in Dir schlummert". Du würdest eigentlich gern, aber der "Sprung in die Schrotmühle" erscheint dann doch ziemlich mühsam. Aus meiner bescheidenen Lebenserfahrung kann ich sagen: So manche Erfahrung hab ich mit mulmigem Gefühl, Unsicherheit und der Frage: "Warum mach ich das nur?" begonnen. Ob die Anmeldung zum ersten Marathon, das Einschreiben in den Fischereischeinkurs oder ganz aktuell: Meine Reise zum Biersommelier.


Es gibt ja so "Typen", die leben von diesen Herausforderungen: "Yeah, eine Schrotmühle - aus dem Weg, ich nehm´ Anlauf..." 🤭 So einer bin ich definitiv nicht. Aber ich erlebe, dass mich solche Situationen schon oft weitergebracht haben: In Begabung, Charakter, Persönlichkeit, Lebenserfahrung... Deswegen fordere ich mich selbst immer wieder heraus, es zu wagen, zu probieren - vielleicht noch unentdecktes Potenzial zu entdecken. Oder auch mal zu bestätigen, dass das wohl nichts für mich ist 😉. In Dir steckt viel Potenzial - wo ist es für Dich dran, ans Schroten zu gehen?

2. Hilf anderen, ihr Potenzial einzubringen

Als ich anfing mit Joggen, brachte ich das gedanklich gar nicht in Verbindung mit einem (Halb)Marathon. Ich wollte einfach ein bisschen Sport machen. Ein guter Freund war es, der dann eines Tages um die Ecke kam: "Du, in der Nähe von meinen Eltern findet ein Halbmarathon statt, wäre das nicht was?" "What? Was hat dass denn mit mir zu tun?". Wir meldeten uns an. Einige Wochen später schrieben wir uns für den Frankfurt-Marathon im darauffolgenden Jahr ein... Ich wäre von mir aus vermutlich nicht auf die Idee gekommen. Er half mir, mein Potenzial auf eine nächste Stufe zu heben.

Wir liefen, trainierten, schwitzten, kämpften und feierten zusammen.


Manchmal brauchen wir einen Stups von außen: "Hey, Du Malzkorn, in Dir steckt ne Menge. Wie wäre es, wenn...". Vertrauen, Zutrauen, Ermutigung, Miteinander...


Als in mir zunächst die Spinnerei, später die Idee entstand, die Ausbildung zum Biersommelier zu machen, blieb ich damit erstmal allein. Dann sprang ich in die Schrotmühle, öffnete mich bestimmten Personen gegenüber, um zu reflektieren. Noch gut erinnere ich mich an einen Freund, der mir zuhörte und dann sagte: "Michael, denke mal nicht so klein...". Nun ja, ich machte mich ermutigt mit kleinen Schritten auf einem großen Weg 😊

Welches "Malzkorn" könntest Du heute anstupsen: Körnchen, öffne Dich.

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