Der oder Das Sündenbock

Ich mag Bockbier ganz gerne und werde bestimmt mal einen Beitrag über die durchaus spannende Historie dieses Bierstils schreiben.

Heute nicht. Heute schreibe ich etwas zum Sündenbock. Ein Fläschchen, das Teil eines Bieradventskalenders war.

Es handelt sich um ein Bockbier, das jedes Jahr auf den Markt kommt - jeweils von einer anderen Brauerei gebraut. Eine nette Idee.

Die Macher suchten wohl ein Marketing-Aushängeschild und landeten so mit Name und Etikettierung beim "Sündenbock". Naja - über Geschmack (nicht nur des Inhalts sondern auch der Verpackung) lässt sich bekanntlich streiten... 😉

Kurz zum Inhalt der Flasche: Goldgelbe, leicht trübe Farbe, flüchtige Schaumkrone - ähnelt so manchem Pale Ale.

Geruchlich leicht hopfig-beerig. Im Antrunk etwas Süße von Honig und Karamell. Der Körper malzig und meines Erachtens etwas alkoholische Bittere.

Für meinen Geschmack ist es - immerhin ein Bockbier - zu fade. Die feststellbaren Nuancen zu unausgewogen. Da genügt es mir, ein Türchen zu öffnen.

Zurück zur Bezeichnung als Sündenbock.

Den suchen wir schnell, wenn uns irgendwas nicht gelingt oder wir echt Mist gebaut haben. Rausreden geht nicht immer. Dann betreiben wir "Schadensbegrenzung" oder "Teilrechtfertigung". Also: Wer war (mit)schuld? Das Wetter, die Kollegin, der Nachbar, sonstige Umstände... "Es wäre doch ganz anders gelaufen, wenn...", "Das passierte nur, weil..." Willkommen sind auch Chef, Lehrerin und Partei XY

Der ursprüngliche "Sündenbock" hat wenig mit unseren Rechtfertigungsversuchen zu tun, sondern ist eine göttliche Erfindung. Echt wahr!

Sünde ist ja nicht unbedingt Lieblingsthema beim Mittagessen oder dem Wochenendausflug mit Freunden. Wenn doch, bin ich mir nicht immer ganz sicher, ob der Kern richtig getroffen ist. Für manche ist es Angstmerkmal längst verblichenen Glaubens. Andere denken an den letzten Strafzettel, den sie als Verkehrssünder bekamen. Und wieder andere an das Stückchen Sahnetorte zu viel auf Tante Ernas Geburtstag.

In der Bibel wird die kaputte Beziehung mit Gott als Sünde bezeichnet. Da zerbrach was zwischen Gott und Mensch. Das "Mist bauen" und "schuldig werden" ist nur Symptom, nicht Ursache. Gott schuf den Menschen in Beziehung mit sich, doch der Mensch begann, Gott zu misstrauen (erleben wir ja bis heute: "Meint es Gott wirklich gut mit mir?"...). Damit hat die gesamte Menschheit die Quelle des Guten verlassen. Wir bleiben oft hinter dem zurück, was Gott (und meistens auch wir selbst) eigentlich will. Wir wissen, wie wir leben wollen und sollten - aber kriegen es nicht hin.

Wer Gott, die Quelle des Guten verlässt, landet in der Pfütze des Unguten.

Genau hier kommt die göttliche Erfindung des Sündenbocks ins Spiel. Gott sagte damals zu seinem Volk: Ihr habt euer Leben verspielt, verzockt, verwirkt. Der Preis dafür ist der Tod. Ich installiere ein gnädiges Stellvertretersystem: Opfer.

So konnten die Israeliten immer wieder ein "Sündopfer" im Tempel bringen. Ein Tier starb an ihrer Stelle, sie waren frei.

Und einmal im Jahr fand der "Große Versöhnungstag" statt. Der Priester legte einem Bock in einem symbolischen Akt die gesamte Schuld des Volkes auf. Dann wurde der Bock in die Wüste getrieben - auf nimmer Wiedersehen. Natürlich kann einem der Bock leidtun, klar. Aber das Volk feierte, weil jeder wusste: Ich darf weiterleben. Ich darf weiterglauben. Ich darf weiter mit Gott in Verbindung treten. Alles nachzulesen im Dritten Buch Mose, Kapitel 16. Tja, so war das damals.

Und gerade ist "Passionszeit". Die Zeit, die in Karfreitag und Ostern ihren Höhepunkt findet. Ihre Botschaft knüpft am Dritten Buch Mose an: Jesus Christus ist der "Sündenbock". Er war ohne Schuld, aber übernahm stellvertretend für Dich und mich unser "zurückbleiben" hinter Gottes Maßstäben, unser schuldigwerden an uns selbst und anderen. Er trank aus der Pfütze des Todes, damit Du und ich wieder an die Quelle des Guten und des Lebens andocken können: Beziehung mit Gott.

In diesem Sinne war es mir ein Beitrag über eine etwas seltsame Marketingaktion dann doch auch wert ✝️💟